„Der Rausch um das Schwarze Gold an der Ruhr lockte im 19. Jahrhundert zahlreiche Arbeiter aus den südschlesischen Elendsgebieten an die Ruhr. Sie erhofften für sich und ihre Familien ein mühsames, aber auskömmliches Einkommen. Es bedeutete aber auch kulturelle Entwurzelung, Sprachenvielfalt, Konflikte mit den Einheimischen. Aber man raufte sich zusammen. Die Zuwanderung war wichtige Verstärkung. Jeder Kumpel im Ruhr-Revier entwickelte einen minimalen Wortschatz polnischer Sprache. Unter Tage kam es darauf an, sich ohne Umweg und Schnörkel zu verständigen. Das sorgte nicht nur für reibungslosen Ablauf. Es konnte in plötzlicher Gefahrensituation sogar lebensrettend sein. „Gimma Mottek“ war dann besser als „Reichen Sie mir bitte den Hammer herüber!“, schreibt Prof. Bodo Hombach in seinem Vorwort dieser Publikation.
Das Ruhrgebiet ist spätestens seit Beginn der Industrialisierung ein Schmelztiegel von Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kulturen und Traditionen. Diese Vielfalt zeichnet es bis heute aus. Eine besondere Rolle spielten dabei die Menschen, die aus Polen in die Region kamen. Gekommen, um unter Tage zu arbeiten, fanden sie schon bald eine neue Heimat im Ruhrgebiet. Doch die Menschen sind nicht allein das Verbindende: Die Bergbauregionen Oberschlesien und das Ruhrgebiet teilen eine ähnliche Geschichte – bis hin zum Strukturwandel der ehemaligen Industriestandorte.
Dieses Buch wirft einen Blick auf die polnischen Einflüsse im Ruhrgebiet sowie die tiefen Verbindungen zwischen den beiden europäischen Regionen. Dabei werden sowohl die individuellen Bezüge als auch historische, strukturelle und kulturelle Verknüpfungen beleuchtet. Illustriert werden die Beiträge mit einer Bildauswahl der von der Brost-Stiftung geförderten Ausstellung „MELTING POTT“ von Till Brönner.