Was macht das Ruhrgebiet so einzigartig?

Wissenschaftliche Studie in Band 4 der Brost-Bibliothek ergründet Wahrnehmungen und Einstellungen der Revierbewohner

Wie ticken die Menschen im Ruhrgebiet?

Das können Sie jetzt in allen Details auf 204 Seiten nachlesen, spannend und nicht selten mit überraschenden Erkenntnissen. Auch wenn der Buchtitel „Auffällig unauffällig?“ zunächst unspektakulär daherkommt…

Zwei Jahre lang haben Wissenschaftler die „Politische(n) Einstellungsmuster im Ruhrgebiet“. im Rahmen des von der Brost-Stiftung geförderten Projektes „Ein neuer Gesellschaftsvertrag in Zeiten sozialer Fragmentierungen – Gestaltungsoptionen für das Ruhrgebiet“ abgefragt. Ein Team von Ökonomen aus dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) und Soziologen von der Ruhr-Universität Bochum leuchteten dabei tief in Herz und Hirn der “Ruhris“  hinein.
Deren in weiten Teilen vorherrschender pessimistische Zukunftsblick wird begleitet von niedrigerer Wahlbeteiligung sowie einer höheren Zustimmung zu einer rechtspopulistischen Partei, wie Band vier der Brost-Bibliothek, herausgegeben von Professor Bodo Hombach, Professor Rolf G. Heinze sowie Professor Michael Hüther, analysiert. „Wahrnehmungen, Mediennutzung und politische Einstellungsmuster im Ruhrgebiet“ (Untertitel) belegen in der Gesamtschau dennoch eine Grundzufriedenheit mit der Demokratie. Menschen im Revier weichen in ihren Überzeugungen kaum von den übrigen Bundesbürgern ab. Entscheidenden Anteil weisen die Wissenschaftler dabei den im Ruhrgebiet sehr verbreiteten klassischen Lokalmedien (Zeitung, Radio) zu, „deren Konsumenten das politische System weniger kritisch evaluieren“.

„Es entsteht das Bild einer auffällig widerstandsfähigen Region. Neben vergleichbar deindustrialisierten Gebieten ist das Ruhrgebiet damit ein absoluter Einzelfall“

Einführungstext zu „Auffällig unauffällig“ Tweet

„Die Studie hat uns schnell die Sorge genommen, das Zutrauen zur Demokratie könne unter den permanenten Herausforderungen des Strukturwandels leiden“, so Professor Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft. „Daraus lässt sich im Rückschluss ableiten, dass im Ruhrgebiet offensichtlich Wandel in Gang gekommen ist, ohne dass sich dessen Strahlkraft schon in ganz Deutschland bemerkbar macht.“ 

Bei der Buchlektüre liefert eine interaktive Plattform (So tickt das Ruhrgebiet – Checkpott) ab Seite 159 hohen Unterhaltungswert.

Prof. Bodo Hombach, Vorstandsvorsitzender der Brost-Stiftung: „Die Brost-Studie zeigt: Strukturwandel im Ruhrgebiet ist offensichtlich weiter, als die meisten Menschen denken.“

Die Ruhrgebietsregionen zählen jedoch immer noch zur Gruppe der 19 gefährdeten Regionen Deutschlands, im Regionalranking des Instituts der Deutschen Wirtschaft liegen auf den hintersten zehn Rängen vier Ruhrgebietsstädte. Aber in keiner Metropolregion sind die Menschen im Durchschnitt schneller beim Hausarzt, im Krankenhaus oder in einer Apotheke. Laut Berechnungen des IW liegt die durchschnittliche PKW-Fahrzeit zum nächsten Krankenhaus bei vier Minuten. Auch bei der Anzahl der Krankenhausbetten je 1.000 Einwohner liegt das Ruhrgebiet mit 7,8 Betten (Stand 2017) gleichauf mit dem globalen Spitzenreiter Japan (ebenfalls 7,8).
„Auch erfolgreich angegangene Neubepflanzung braucht Dünger. Es ist kein Naturgesetz, dass der Förder-Jetstream nur von West nach Ost verläuft“, so Prof. Hombach bei der Präsentation der Ergebnisse.  „Das Revier hat Anpassungs- und Neustarterfahrung. Aber auch diese Region braucht Hilfe zur Selbsthilfe.“

„Auffällig unauffällig“ ist unter ISBN 978-3-8288-4816-0 im Tectum Verlag erschienen.